Erschienen im Hanf!-Magazin, Heft 5/2002

Die neuen Opiumkriege

Ende März meldeten die Nachrichtenagenturen die größte Opiumernte in Afghanistan seit Jahren: überall hatte die von den USA unterstütze Nordallianz auf ihrem Vormarsch auf Kabul die Bauern aufgefordert, wieder Mohn anzubauen. Anfang des Monats hat George W.Bush in einer kämpferischen Rede den "war on terror" mit dem "war on drugs" verbunden und dafür gesorgt, dass die Händler an der Opium-Road im pakistanischen Peschawar wieder aufatmen konnten. Nach Beginn des Kriegs gegen Afghanistan war der Preis für ein Kilo Rohopium auf unter 150 Dollar gefallen - nun ließ das Weiße Haus anläßlich des SuperBowl-Finales die teuersten Werbespots seiner Geschichte schalten und verknüpfte den Gebauch illegaler Drogen mit der Unterstützung von Osama Bin Laden, und gleichsam über Nacht verdoppelten sich die Opiumpreise wieder auf ihr altes Niveau. Im Sommer 2001 hatten die USA noch 43 Millionen Dollar an die Taliban überwiesen - als Ausgleichszahlung für die Einstellung des Opiumanbaus. Jetzt wo Onkel Sam eine neue Regierung eingesetzt hat läuft das Heroinbusiness wieder "as usual": die Afghanen bauen an und hinter der pakistanischen Grenze wird der Stoff weiterverarbeitet - unter Aufsicht des pakistanischen Geheimdiensts ISI, dem engsten Verbündeten der CIA in der Region. Da die Ökonomie Pakistans - bei einem Staatshaushalt von ca. 12 Milliarden Dollar und Heroineinnahmen von ca. 11 Milliarden Dollar - längst von dem Export des Stoffs abhängig ist, wollen die Amerikaner ihrem wichtigsten Allierten in der Region diese lebensnotwendige Einnahme nicht versagen. Schließlich hat Pakistan in den 90er Jahren für über 30 Milliarden Dollar Waffen im Westen eingekauft und längst noch nicht alles bezahlt...

Auch wenn der Doppel-Krieg, den George W. Bush beschwor, reine Demagogie war, um die "Achse des Bösen" noch mit einer üblen Zutat - Rauschgift! - weiter zu dämonisieren,- zeigen diese Hintergründe doch, wie Terror und Drogenpolitik zusammenhängen. Die "Heroinisierung" der Region wurde von den USA in den 80ern als Fallout und Nebenwirkung ihres heiligen Kriegs gegen den Kommunismus in Kauf genommen - so wie ihre Fortsetzung jetzt in Kauf genommen wird, um die lokalen Verbündeten nicht zu schwächen und die Ölgeschäfte in der Region künftig ungestört abwickeln zu können. Voraussetzung für die riesigen Profite aus dem Heroingeschäft ist aber eine möglichst strenge Prohibition, weshalb sich jede Ankündigung einer Verschärfung des "war on drugs" direkt auf die Preise auswirkt. Deshalb paßte es schon Anfang der 80er wunderbar zusammen, dass man entlang der pakistanischen Grenze die Heroinproduktion aufnahm, um den islamistischen Widerstand gegen die Sowjets in Afghanistan zu finanzieren - und gleichzeitig Ronald Reagan in Washington den neuen "war on drugs" verkündete. Und es paßt heute, dass die alliierte Nordallianz wieder Mohn anbauen läßt und Dabbelju in Washington den "war on terror and drugs" ausruft. Die Profitmargen aus dem illegalen Geschäft sind garantiert, die Kombattanten in der illegalen Außenpolitik können bezahlt werden - und zu Hause waschen wir uns die Hände in drogenfreier Unschuld.

 

Mathias Bröckers